Kleine Erdkunde
Das großartige am Schreiben ist: man lernt immer etwas dazu. Das ist wie Kollateral-Lernen; Sozusagen.
Besonderen Spaß macht es, wenn man einen so kompetenten und erfahrenen Gesprächspartner hat, wie unseren Chefgreenkeeper Joachim Mnich.
Kleine Erdkunde
Viele Jahrzehnte herrschte auf dem Klubgelände eine Bodenstruktur aus Erde und gleich darunter Lehm und Ton. Der Ton entstand aus der starken Verdichtung von Sand und Lehm. Kein Fairway oder Grün war besonders wasserdurchlässig. Bis zur Jahrtausendwende gab es jedoch eher selten Starkregenereignisse oder lange, trockene, heiße Sommer. Es herrschte eher Zufriedenheit mit der Bespielbarkeit.
Ein Grün hat eine Lebensdauer von ca. 50 Jahren; sie ist erreicht. Um die Flächen vital zu halten, wird mehrmals im Jahr aerifiziert. Mit einer Art Hohlnadel wird Boden mit Ton ausgestochen und durch Sand ersetzt. Die Nadeln reichen von 5 bis 20cm Tiefe und stecken auf Walzen. Ist die Tonschicht zu dick, brechen die Hohlnadeln.
Pro Durchgang werden für 18 Löcher ca. 60 Tonnen Sand gebraucht. Bodenproben werden entnommen, der PH Wert, die Bodenbeschaffenheit, Restdüngermengen ermittelt. Auf den neuen Werten wird eine Bodenplanung für das Folgejahr vorgenommen. Es wird vertikutiert, die vertikalen und seitlichen Ausläufer der Rasenwurzeln werden geschnitten. Der Filz aufgelöst. Für all das gibt es in unserem Fuhrpark Maschinen und Geräte. Manche jedoch sind so teuer, dass sie geliehen werden.
Die Grüns werden von April bis September monatlich gesandet, was sie härter und Regenwürmern den Job schwerer macht. Die Bodenproben in Bild 1 vom vorderen Bereich des 11. Grüns und Bild 2 vom Abschlag 2 zeigen sehr gute Strukturen.
Die Fairways werden seit Jahren „geschlitzt“. Um die Ton- und Lehmschichten aufzubrechen, werden Schwerter durch die Flächen gezogen und in die entstandenen Furchen Sand eingebracht. 300 Tonnen Sand wurden so bereits auf den Bahnen 7 bis 17 eingetragen.
Schwierig bis unmöglich ist das derzeit auf dem Fairway 1. In den 80ger Jahren wurde eine Drainage gelegt, die inzwischen verstopft ist und nicht mehr funktioniert und deren Pläne nicht mehr existieren. Hier liegen – keiner weiß wo genau, Hauptleitungen mit 6,3 cm Durchmesser mal auf 15 cm Tiefe mal woanders. Schlitzen ist so nicht möglich; die Schwerter wären im Nu zerstört. Hier hülfe nur eines: den ganzen Bereich aufzugraben und neu anzulegen.
Eine hohe Verdichtung und schlechte Wasserdurchlässigkeit durch Lehm- und Tonuntergrund zeigt Bild 3. Hier ist wieder Handlungsbedarf.
Wassermanagement und Versiegelung
Der Golfklub versiegelt nur einen geringen Teil unserer 36 Hektar Fläche. Dazu zählt der Parkplatz mit 70 Stellplätzen, der Zuweg und die Fläche des Clubhauses mit Vorplatz. Prozentual ist der Club also geradezu eine moderne Schwammfläche bei Starkregen. Das ist eine gute Nachricht aus Umwelt- und Öko-Gesichtspunkten. Viele Bäume und Büsche ziehen Wasser aus dem Boden; die Flächen werden umweltgerecht bewirtschaftet und so als grüne Lunge gepflegt und erhalten.
Blick unter die Radieschen
Gegen Maulwürfe ist jedoch kein Kraut gewachsen; mal abgesehen davon, dass sie qua Gesetz zu den Guten gehören und so auch zu behandeln sind. Schön zu besichtigen auf Fairway 5. Ein Maulwurf beansprucht eine Fläche von ca. 2000 qm als sein Revier. Der Golfklub Braunschweig hat damit Platz für viele unterirdische Bewirtschaftungs-Mitarbeiter auf seiner 36ha Fläche. Und sie vermehren sich; ständig. Fährt man nach Berlin und rechnet hoch, wie viele Felder rechts und links der Autobahn so unterirdisch beackert werden, so entspricht das sicher der Population von Ratten und Mäusen unter Berlin. Es scheint, als gäbe es genug Maulwürfe. (Wissenswertes bei: Europäischer Maulwurf – Wikipedia)
Zieht der geneigte Maulwurf um, weil zu wenig Nahrung zu finden ist, die Konkurrenz zu groß oder ein Tapetenwechsel sinnvoll ist, ziehen Wühlmäuse in die Gänge ein. Und die vermehren sich noch schneller. Wühlmäuse arbeiten sich horizontal durch die Fairways und fressen Graswurzeln und Zwiebel von unten, während Maulwürfe eher vertikal graben. Ein Gitternetz an Hohlräumen entsteht. So manch ein verstauchter Knöchel oder dicker Fuß zeugt davon. Also Vorsicht!
Gut zu wissen…
Anfang Februar wurde auf Wunsch beider Nachbarn am Abschlag 2 am Krankenhausgelände eine Pappel gefällt. Sie hatte nicht genug Wasser und Nährstoff und warf Äste ab.
Wir haben einige feuchte Monate hinter uns. In manchen Regionen in Deutschland waren die vergangenen Monate die feuchtesten seit Messbeginn. Dennoch reichen die Wassermengen oft nicht aus, um auch in tieferen Schichten für ausreichend Feuchtigkeit zu sorgen. Trockene Schichten brauchen sehr lange zur Durchfeuchtung. Lehm- und Tonschichten halten Wasser zurück oder leiten es ab. So bildet sich manch eine Pfütze auf einem Fairway und nur einen Meter tiefer ist es knochentrocken. Oder knöcheltiefer Schlamm steht wochenlang auf der Bahn und nebenan vertrocknet eine Pappel. Grund ist die Bodenstruktur, die Schichten und die Zusammensetzung der Erde; eben das was da war, als der Klub 1926 gegründet wurde.
Viele Jahrzehnte wurde Golfplätze nicht von Fachleuten mit Erkenntnissen zu Bodenbeschaffenheit und Klimadaten bearbeitet und verbessert. Seitdem ist viel passiert. Unsere Greenkeeper bewirken mit fachkundiger Arbeit, Zeit und Sorgfalt und dem Geld aller Mitglieder eine stetige Verbesserung und Erhaltung des Platzes. Ganz im Sinne von Umweltschutz und Bodenverbesserung, zum Schutz von Flora und Fauna, und nicht zu vergessen: für die sinnvolle und nachhaltige Vereinsnutzung einer ehemaligen Sandgrube.
All diese Informationen werden sicher nicht immer von allen Mitgliedern gebraucht oder gar abgefragt.
Aber so ist das mit Kollateralwissen: Man blättert durch das Klubmagazin, hat eine Information nicht wirklich gesucht, ist aber zufällig drauf gestoßen und bleibt hängen.
Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Februar 2024; KKN